Ein Steg für mich allein

„Stecken Sie immer einen Schokoriegel für den Notfall ein. In der Gegend gibt es mehr Vogelbeobachtungsstationen als Gasthäuser.“ An den Satz des Radlers im Zug auf dem Hinweg muss ich denken, als ich vor der geschlossenen Pizzeria im kleinen polnischen Ort Widuschowa stehe. Laut meiner Wirtin, der einzige Platz, wo es Abendessen für mich gibt. Und nun? Ums Essen ist mir weniger bange. Den Schokoriegel habe ich im Gepäck. Wonach es mich mehr gelüstet, ist ein Bier. Ein Ankommens-Bier nach extra gefahrenen 20 Kilometern über sandige Waldwege, nur um direkt an der Oder zu nächtigen. Mit einer kleinen Terrasse auf der Oder. Die war es, die mich hergelockt hatte. In der Pizzeria wollte ich das Bier erstehen, um damit den Sonnenuntergang auf der Oder zu genießen.

Zurück an der Unterkunft klingele ich beherzt bei der Wirtin. Das Wort für Bier muss ich nicht nachschlagen. „Piwo“ kommt mir flüssig über die Lippen, nachdem ich ihr mit gekreuzten Armen vorm ratlos verzogenen Gesicht und dem dazu geraunten Wort Pizzeria meine Lage klargemacht habe. Und während wir noch über die Sprach-App auf ihrem Smartphone gebeugt die Lage erörtern, kommt schon ihr Mann mit dem Bier. Ich will ganz glücklich abziehen, doch nun fühlt sich die Wirtin in ihrer Ehre als Gastgeberin gefordert. Um es kurz zu machen. Am Ende sitze ich mit einem Teller voll leckerer Brote und einem kleinen Salat auf „meinem“ Steg und schaue sehr zufrieden in den Sonnenuntergang. Schau mal an, höre ich mich denken. Das hätte ich alles nicht gehabt, wenn die Pizzeria offen gewesen wäre.
So bewahrheitet sich doch mal wieder der Spruch, dass alles seine gute Seite hat. Diesmal sogar die bessere! Oder was? 🙂

P.S. Muss ich noch erwähnen, dass ein Kuckuck rief…

 

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